9. Woche: Delegationsbesuch

-> Volles Programm ;D Wir haben wirklich sehr viel gemacht und sind meistens sehr erschöpft und mit vielen neuen Eindrücken nach Hause gekommen.

Am Montag hatten wir am Vormittag frei und konnten uns vom anstrengenden Sonntag erholen. Am Nachmittag/Abend sind wir dann zusammen ins Theater gegangen- die Leiterin hatte nämlich eine Jubiläumsfeier. Zuerst wurden Szenen von ein paar Stücken aufgeführt. Im Anschluss daran gab es viele Gratulationen für die Leiterin und es wurden viele Reden gehalten. Dann kam das Beste: ein geiles Buffet im Foyer und verschiedenes zu trinken. Sven und ich waren glücklich :D Der Abend war aber noch lange nicht vorbei- danach haben wir der Delegation (bestehend aus einem grünen Politiker unserer Stadt Rolf Fliß (sitzt im Stadtrat, ehemaliger Bürgermeister), 2 Vorstandsmitgliedern der deutsch-russischen Gesellschaft und Svens Eltern) unsere Lieblingsbar gezeigt...

Der Dienstag fing dann viel zu früh an: Um 10 Uhr mussten wir bei der Stadtverwaltung sein. Dort hat Rolf Fliß einen Vortrag über "Essen: die grüne Hauptstadt 2017" in Bezug auf das Fahrradverkehrssystem gehalten. Danach hat ein Aktivist aus der Fahrradbewegung in Nischni erzählt, was hier für Fahrradfahrer getan wird. Zusammengefasst: eig nichts. Um in Russland auf den Hauptstraßen mit dem Fahrrad zu fahren, muss man traurigerweise wirklich lebensmüde sein. Hier in der Stadt wird also kaum Fahrrad gefahren. Höchstens aus Spaß, aber es kann hier leider kein ernsthaftes Verkehrsmittel zur Fortbewegung sein. Rolf Fliß hat aber erzählt, dass es so vor 40 Jaren in Essen auch war und dann nach und nach mehr Fahrradwege und der Spaß am Fahrradfahren kamen. Vielleicht wird es das in ein paar Jahrzenten in Russland auch geben? :D

Dann hatten wir eine entspannte Mittagspause zu Hause und um 17 Uhr trafen wir uns bei einer Umweltinitiative- uns wurde vorgestellt, was die Organisation für verschiedene Projekte macht. Ich war aber nicht so begeistert davon. Ich kann es nicht wirklich ernst nehmen, wenn eine Frau im Cocktailkleid, stark geschminkt und mit Plastikschmuck in einem teuer wirkenden (gemieteten) Vortragsraum versucht, etwas über Umweltschutz zu erzählen und über deren Müllsammelprojekte (ohne mal den Aspekt von "weniger Müll zu produzieren" zu erwähnen :D). Umweltschutz ist aber generell ein schwieriges Thema in Russland- der Staat interessiert sich wirklich einen Scheiß dafür. Sachen, die für mich früher selbstverständlich waren (z.B. Mülltrennung, Heizung ausmachen wenn man das Fenster aufmacht) gibt es gar nicht und sind bislang auch gar nicht durchführbar. Ich war aber echt etwas enttäuscht- sehen so die Umweltorganisationen in Russland aus? Danach waren wir noch alle zusammen essen und auf einmal war es wieder schon sehr spät :D

Am Mittwoch mussten wir wieder früh los zum Kreml (da ist der Bürgermeister etc.,also sowas wie unser Rathaus). Wir wussten nicht ganz, was uns erwartet- uns wurde nur gesagt, dass wir uns formal anziehen sollen und dass wir die Bürgermeisterin treffen :D Das war aber in der ganzen Woche immer ganz lustig: diese Überraschung, was bei den Terminen jetzt wirklich passiert. 

Naja. Auf jeden Fall befanden wir uns auf einmal in einem sehr hochwertig ausgestatteten Konferenzraum (ich will gar nicht wissen, wie teuer das alles war...) und es wurde eine kleine "Konferenz" gehalten. Es war aber größtenteils nur Show zwischen Rolf Fliß und der russischen politischen Seite :D (Bürgermeister und Oberbürgermeisterin, so wie ich das verstanden hab) Politik halt eben. Es war so ein "Wir müssen unbedingt mehr Projekte über die Städtepartnerschaft zusammen machen!" "Oh ja, das klingt super! Auf jeden Fall!" Ohne irgendetwas konkretes zu nennen... Deswegen kann ich die Konferenz auch leider nicht zusammenfassen, da sie größtenteils inhaltslos und oberflächlich war. 

Nach kurzer Zeit stürmen aber auf einmal mehrere Personen mit einer Fernsehkamera rein- dieser Termin war wirklich mega krass offiziell :D Nachdem die Konferenz vorbei war, gab es auch eine Pressemitteilung. Die Politiker haben sich-nett lächelnd für die Kamera- gegenseitig Geschenke übergeben und es wurden Interviews gegeben.

Danach waren noch in einer Kunstgalerie und in einem Literaturmuseum (wo es zum Glück Kuchen und Tee gab :D). Am Abend waren wir bei der Umweltorganisation "Grünes Segel" für Kinder und Jugendliche- und dort habe ich mich sofort wohlgefühlt :D (die Jugendlichen sahen alle richtig öko aus hahaha) Es war sehr authentisch dort und die vorgestellten Projekte haben mich regelrecht mitgerissen. Ich werde bestimmt noch öfter dahin gehen. Man kann auch gut bei deren Projekten mitmachen. Und ich war erleichtert- anscheinend gibt es doch "gute" Umweltorganisationen in Russland :D

Anschließend waren wir zum Essen eingeladen (bei einer Freundin von einem Vorstandsmitglied). Sie wohnt allerdings abseits der Stadt auf dem Land- wir wurden abgeholt und mussten mit dem Auto fast eine Stunde fahren. Es war eine wundervolle Einladung. Ein russisches Landhaus in gemütlichem Holzstil innen zu sehen, war eine wirklich sehr schöne Erfahrung. Wir waren alle mega begeistert von dem Haus :D und das Essen war auch super. 

Leider war am Donnerstag auch nicht viel mit ausruhen oder ausschlafen. Am Morgen sind Sven und ich zu unseren Invaliden gefahren, da unsere Hilfe dort wirklich wichtig ist und es blöd für sie gewesen wäre, wenn wir diese Woche gar nicht gekommen wären (zu ihnen gehen wir 2 mal die Woche). Anschließend sind wir zu einer Freiwilligenorganisation hier gefahren und uns wurde etwas über deren Projekte erzählt. Danach hatten wir zusammen eine gemütliche Mittagspause in einem Lokal und sind dann um 5 Uhr zu der 100 jährigen Jubiläumsfeier der linguistischen Uni gegangen. Diese fand in einer Philharmonie statt und das Fest war wirklich seeeehr russisch :D Am Anfang marschierten 5 Studenten ganz stolz zur Musik mit großen Flaggen auf die Bühne (die taten mir leid... sie mussten nämlich die ganzen 2,5h des Programms dort still stehen bleiben). Emilias Kommentar zu diesem Auftritt:"Erinnert mich an einen schlechten Propagandafilm aus den 40ern." Sonst gab es viele musikalische Beiträge und Erzählungen über die Uni. Danach wurden wir mit dem Dienstauto der Stadtverwaltung zu einem festlichen Essen gefahren. Allerdings waren dort nur "Ehrengäste" der Jubiläumsfeier und der Direktor der Uni- wir haben uns ein bisschen fehl am Platz gefühlt, aber es war sehr lustig :D und alles war auch echt bonzig. Das Essen war übertrieben geil und man hat immer Wein und andere Getränke ungefragt nachgeschüttet bekommen, sodass man nie ein leeres Glas hatte :D

Sven sagt zu solchen Veranstaltungen immer:"Ja geil, Essen und Trinken für lau, da sag ich nicht nein."

Am Freitagvormittag haben wir an einer interessanten Jugendumweltkonferenz im Kreml teilgenommen. An einigen Stellen hat sie sich aber ein bisschen in die Länge gezogen :D Am Abend waren wir bei einem netten älteren Paar zum Essen eingeladen. Es gab also wieder ein super leckeres russisches Essen und natürlich (nicht wenig) Vodka :D

Am Sonntag hatten wir Kirchensightseeing- wir haben uns 3 Kirchen und 3 Klöster angeguckt und hatten auch überall eine Führung... das war ziemlich anstrengend. Ich mag die orthodoxe Kirche nicht so- wir Frauen mussten überall unsere Haare bedecken :( (in einem Kloster mussten wir uns sogar einen Rock umbinden) Und die Ikonenvergötterung ist auch ungewöhnlich für mich- aber naja, jede Religion hat nun mal ihre Eigenheiten. Und ich muss ja auch nichts damit zu tun haben :D deswegen- was solls.