2. Woche: Es wird besser

Der September ist zur Hälfte um und ich fange an, mich einzuleben- es stellt sich ein Alltag ein und Merkwürdiges hier wirkt schon normal auf uns. Wir fangen auch langsam damit an, soziale Kontakte zu knüpfen und uns mit Leuten zu treffen. Ich habe auch versucht, viel zu unternehmen. Letzte Woche sind wir nach der Schule nach Hause gekommen und haben einen Mittagsschlaf gemacht und danach auch nichts mehr spannendes erlebt (das Wetter war aber auch sehr kacke). Diese Woche waren wir nach der Schule insgesamt 3 mal bei unseren Invaliden, was jetzt jede Woche so sein wird. 

 

 

An einem Nachmittag bin ich zu einem Einkaufszentrum gelaufen, das etwas weiter weg ist, weil ich dort einen Decathlon gefunden habe. Der ist zwar nicht ganz so toll wie der in Deutschland, aber immerhin gibt es hier einen :D (Falls man nicht genug Thermounterwäsche für den Winter hat...)

Ich habe mir auch in einem Buchladen mein erstes richtiges russisches Buch selber gekauft. Bald fange ich es an zu lesen, und ich hoffe, dass es eine sehr schnulzige Liebesgeschichte ist :D Habe darauf irgendwie gerade Lust.

Das Wetter war wirklich wundervoll! Die Warmwetterfront ist von Deutschland nach Russland gezogen und jetzt haben wir das gute Wetter. Ich bin ehrlich gesagt schon erleichtert, habe letzte Woche schon befürchtet, dass ich bis zum ersten Schnee durchgehend in Fleecejacke, Übergangsjacke, Schal und Boots rumlaufen muss. 

Diese Woche ist mir auch die Viagra Werbung aufgefallen, die in dem Bezirk von unserer Schule an jedem 2. Laternenpfahl/Straßenschild hängt. Für 90 Rubel kriegt man schon eine Packung und auch noch ein Geschenk dazu! Sofort zugreifen würd ich mal sagen. Klingt ja sehr vertrauenserweckend :) Das finde ich irgendwie ziemlich typisch für Russland. Sowas in der Art (z.B. Ärztewerbung in den öffentlichen Verkehrsmittel "Eine Krone für den Zahn: Statt 5000 Rubel nur noch 1999 Rubel! 3 Jahre Garantie.") sieht man hier sehr oft und ist für uns Deutsche noch gewöhnungsbedürftig :D

 

Am Freitagabend durfte ich aber auch meine erste Erfahrung mit Diskriminierung machen. Ich war in einem dieser kleinen Lebensmittelmärkten und wollte etwas ab 18 kaufen, weswegen ich auch nach meinem Pass gefragt wurde. Also gebe ich der Verkäuferin meinen deutschen Perso (unser Reisepass soll zu Hause bleiben, für den Notfall haben wir eine Kopie davon und von unserem Visum, denn falls wir ihn verlieren oder er uns geklaut wird, haben wir ein sehr großes Problem). Sie guckt sich den an und fragt:"Was ist das denn?" "Ein Pass aus Deutschland." "Neee das geht so nicht, ich brauche den richtigen Pass." *ich gebe ihr die Kopie von meinem Reisepass* "Neeee das kann ich so nicht akzeptieren, eine Kopie geht nicht, die muss vom Notar beglaubigt sein. Ich brauche den richtien Pass, keine Kopie." Dann hatte ich kein Bock mehr, hab gesagt "Dann halt nicht." und bin gegangen. Ist ja ihr Problem, wenn sie wegen ihrer Ablehnung gegenüber Deutschen/Ausländer nichts verkaufen möchte. Ich habe hier beim Einkaufen immer meinen Perso gezeigt und noch nie hatte jemand ein Problem damit- es geht ja nur um die Alterskontrolle und den Jugendschutz und nicht um irgendeine krasse Sache. Deswegen hat es mich so gewundert, dass sie auf einmal ein Problem damit hatte. Ich wurde noch nie wegen meiner Herkunft diskriminiert oder ähnliches, und es ist schon ein komisches Gefühl, in einem anderen Land auf einmal zu einer Minderheit zu gehören. Wahrscheinlich wird sowas aber auch noch öfter passieren während des Jahres.

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Kommentare: 1
  • #1

    Anna und Stefan (Samstag, 23 September 2017 04:37)

    Hallo Julia, es ist schön zu hören, dass Du Dich langsam einlebst. Natürlich ist es eine große Umstellung, da Du Dich in "einer anderen Welt" befindest. Obwohl man ja sagen muss, dass Russland jetzt nicht allzu weit vom Westen entfernt ist, zumindest geologisch...
    Wir denken oft an Dich und hoffen, dass es Dir gut geht. Wir wünschen uns, dass es Dir gut geht und dass Du jeden Tag Spaß und Freude an dem hast, was Du machst. Das Du jeden Tag schöne Momente hast und viele spannende Dinge erlebst und machst. Lass Dich von kleinen Problemen wie zickigen Verkäufern nicht verunsichern... Die gibt es überall.
    Wir werden alles, was Du schreibst, mitverfolgen und aufsaugen. So fühlen wir uns Dir ein paar "Kilometer" näher.
    Liebe Grüße
    Anna und Stefan