1. Woche: Alles ist so anders

Die 1. Woche ist fast zur Hälfte um und ich muss sagen: Hier in Russland ist alles total anders :D Ich möchte kurz auf einige Punkte eingehen, die ich gerade besonders beschäftigen. Es kann gut sein, dass ich irgendwann im Laufe des Jahres noch genauer auf einiges eingehen werde.

 

Die Wohnung: Wir leben zu dritt (3 Freiwillige aus Deutschland) in einer Drei-Zimmer Wohnung. Ich teile mir das Zimmer mit dem anderen Mädchen, so haben wir noch ein Wohnzimmer. Die Wohnung ist eher heruntergekommen und war auch sehr dreckig, als wir angekommen sind (bzw ist es teilweise immer noch). Die ersten zwei Tage haben wir fast ausschließlich in der Küche mit Putzen verbracht- die nächsten Zimmer kommen bald auch noch dran, eine saubere Küche (in der man ohne Ekel Essen zubereiten kann) ist uns wichtiger als ein staubfreies Wohnzimmer :D Es ist für mich aber schon eine sehr große Umgewöhnung, die auch nicht unbedingt leicht fällt, aus meiner schönen, elterlichen, sauberen Wohnung (wo auch alles funktioniert) mit einem eigenen Zimmer und einem tollen Bett in eine solche russische Wohnung zu kommen, die glaube ich in Deutschland so nicht mal vermietet werden dürfte :D (vll nach einer sehr gründlichen Kernsanierung) Aber das WG-Leben klappt bis jetzt ganz gut, wir verstehen uns prima und haben uns vorgenommen, jeden Abend zu spülen und zusammen die Küche aufzuräumen (damit sie nicht so einen Zustand erreicht wie den von unseren Vorgängern). 

 

Einkaufen: Solche Sachen wie Einkaufen, die früher mal Nebensächlichkeiten waren, sind auf einmal total anstrengend. Vor allem, wenn man kein Auto hat und man auch noch viele Wasserkanister kaufen muss, weil das Leitungswasser seeehr weit entfernt ist von Trinkwasserqualität (in DE war trinkbares Leitungswasser immer selbstverständlich- das fehlt uns hier auf einmal total). Es ist auch sehr schwierig gewesen in den ersten Tagen. (Als wir Putzzeug gekaut haben, stand ich erstmal total überfordernd vor dem großen Regal- Welche Marken haben das beste Preis-Leistungsverhältnis? Und dann ist auch noch alles auf russisch und ich muss mich voll konzentrieren alles zu lesen, und verstehe von diesen putzlichen Fachbegriffen auch nur die Häfte, wenn überhaupt.) Man wusste nicht so ganz, was man wo am besten kauft usw. In Deutschland bin ich halt aufgewachsen, man kennt einfach alles. und hier ist man "fremd" und "neu". Jetzt haben wir aber schon einen groben Überblick und es geht langsam. Das tolle ist: 7 Gehminuten von unserer Wohnung entfernt, an einer großen Hauptstraße, gibt es einen riesigen Spar, der "normal" für uns Deutsche aussieht (ist halt einfach europäisch :D). Da gibt es auch viele Sachen (leider nicht alles bzw ist dann teuerer als woanders) und das beste ist: Er hat 24h am Tag offen! Also eig durchgehend. Auch an Feiertagen. Also immer :D Wenn man spontan noch einen Wasserkanister oder so braucht, kommt man immer an einen. Es gibt jedoch auch andere kleine Lädchen (bisschen größer als ein Kiosk in DE), die ebenfalls durchgehend offen haben und wo man das Nötigste kaufen kann. 

 

Die Arbeit: Heute war der 3. Arbeitstag in der Förderschule, aber irgendwie blicke ich nicht durch... Ich wurde eig einer 1. Klasse zugeteilt (5 sehr individuelle Kinder). Deren Klassenlehrerin hat aber auch noch eine 3. Klasse. Manchmal sind drei Erwachsene (mich nicht mitgezählt) im Klassenraum für die 5 Kinder, einmal war ich kurz alleine mit den Kindern, und mal ist die Klassenlehrerin alleine mit ihrer 1. und 3. Klasse (insgesamt 9 behinderte Kinder, die in DE eig alle einen eigenen Integrationshelfer hätten). Es wirkt alles eher unorganisiert und ich verstehe noch nicht so ganz, was es für ein System ist. Die pägogische Arbeitsweise verstehe ich auch noch nicht so ganz: Kinder arbeiten nach einem Belohnungssystem- wurde die Aufgabe erledigt, darf man sich ein "Leckerchen" (z.b. Keks, Schokolade, Chips, Brötchen) oder ein Spielzeug aussuchen (das Ganze erinnert mich irgendwie an diese Taubensache :D). Das wird aber nur bei den "schwierigeren" Kindern eingesetzt. Die "einfacheren" Kinder werden gelobt und kriegen ein "High-five". Bewegungspausen gibt es nicht wirklich- stattdessen werden Zeichentrickfilme (auf Youtube) angemacht, wenn die Kinder unruhig werden. Heute wurde ein Kind in die Ecke gestellt, weil es sich nach mehrmaligem Ermahnen immer noch schlecht benommen hat. Die Kinder haben irgendwie auch alle "Autismus"- ich bin natürlich nicht so erfahren, dass ich das beurteilen kann, aber ich habe irgendwie so ein Gefühl, dass alle Kinder mit ein paar Verhaltensauffälligkeiten bzw die einfach "anders" sind, in die "Autismus"-Schublade gesteckt werden. Einige werden auch sofort für dumm gehalten, obwohl ich denke, dass einige doch viel mehr drauf haben als das, was die Lehrerinnen denen zutrauen. Hygiene wird auch kaum beachtet. Vor dem Essen waschen sich alle die Hände mit Seife, aber sonst gehen die Erwachsenen sehr dürftig mit dem Thema um. Ich finde es aber gut, dass in der Schule zusammen gefrühstückt und zu Mittag gegessen wird. Es ist auch sehr interessant, das russische Kantinenessen näher kennen zu lernen :D Das meiste klingt zwar sehr negativ, aber das ist halt mein erster Eindruck- dass vor allem die Sonderpädagogik hier Jahrzehnte hinter DE ist. Ich bin gespannt darauf, ob sich mein Eindruck im Laufe der Zeit noch verändern wird oder nicht.

 

Die Leute: In den öffentlichen Verkehrsmitteln sehen alle Menschen irgendwie total traurig und erschöpft aus. In DE ist mir das nie aufgefallen. Vll haben hier die Meisten ein sehr hartes Leben und dadurch die Freude am leben verloren? Was mir heute sonst noch passiert ist: Die Klassenlehrerin hat mich gefragt, ob ich zu Hause in Deutschland Eltern habe. Da war ich erstmal verwirrt (das ist öfter so- vom sprachlichen verstehe ich eig fast alles, was mir gesagt wird, aber oft checke ich das Inhaltliche einfach nicht, weil die Menschen hier eine ganz andere Mentalität haben, die mir noch kaum vertraut ist).Sie hat dann ihre Frage wiederholt:"Hast du in Deutschland Eltern, also Mama, Papa, oder hast du einen Mann?" DANN war ich erst recht verwirrt :D Ich meine, ich bin erst seit ein paar Monaten volljährig und hab grad mal die Schule beendet, wieso um alles in der Welt sollte ich so früh schon verheiratet sein?! Generell kann ich mir heiraten frühstens in ein paar (vielen) Jahren vorstellen- vll nach dem Studium? In Deutschland kann man halt auch einfach nur eine Beziehung haben und mit seinem Freund zusammen wohnen, ohne verheiratet sein zu müssen. In Russland ist es glaub ich üblich, so früh wie möglich zu heiraten und auch wohl eher am Anfang der Beziehung. Es ist aber auch interessant, von heute auf morgen in einer anderen Kultur zu leben und zu versuchen, sich da irgendwie einzufinden.

 

Das ist jetzt doch ein eher längerer erster richtiger Eintrag geworden, aber irgendwie habe ich das auch gebraucht, mir mal alles "von der Seele" zu schreiben :D

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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